«Ich bitte Sie, mir zu helfen»

Nicolas Sarkozy legt seine Funktion im Verfassungsgericht nieder und kehrt mit Getöse früher als geplant in die Politik zurück. Sein hastiges Comeback muss er mit einer Geldsammlung starten.

Stefan Brändle
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Nicolas Sarkozy (Bild: ap)

Nicolas Sarkozy (Bild: ap)

PARIS. Eigentlich hat der 58jährige Nicolas Sarkozy ein kontrolliertes Comeback geplant, das mit steigender Kadenz in das Präsidentschafts-Finale 2017 münden sollte. Nun musste er aber seine Pläne über den Haufen werfen.

Sarkozy bringt Partei in Not

Das französische Verfassungsgericht hat ihm buchstäblich einen Strich durch die Rechnung gemacht und wies seine Abrechnung aus dem verlorenen Wahlkampf 2012 zurück. Sarkozy hatte seinen Finanzrahmen von 22,5 Millionen um 466 000 Euro überschritten. Das sind zwar nur zwei Prozent, doch das französische Reglement ist präzise: In einem solchen Fall erhält der Kandidat die Hälfte der Kosten nicht zurückerstattet. Sarkozys «Union für eine Volksbewegung» (UMP) verliert damit eingeplante elf Millionen Euro und steht vor dem Bankrott.

Formell ist allein Sarkozy dafür verantwortlich, nicht die UMP. Aber selbst Rivalen wie François Fillon bemühten gestern die parteiinterne «Solidarität». Und Parteichef Jean-François Copé, der Sarkozy nahe steht, wird am Montag eine Geldsammlung lancieren. Die 315 000 UMP-Mitglieder müssten alle 35 Euro einzahlen. Eine Sympathisantin erklärte allerdings im Fernsehen: «Nein danke! Ich habe schon genug Mühe, meinen eigenen Haushalt zu verwalten.»

«Freiheit wiederfinden»

Sarkozy war über den Entscheid des Verfassungsgerichts so erbost, dass er nur Stunden später den Rücktritt aus diesem Gremium erklärte. Dort sitzen Altpräsidenten von Amtes wegen und auf Lebenszeit – derzeit auch Jacques Chirac und Valérie Giscard d'Estaing. Sarkozy gab zuerst in einem kurzen Communiqué bekannt, er lege seine Funktion nieder – ein eigentlicher Rücktritt ist gar nicht möglich –, um die «Freiheit des Wortes wiederzufinden». Seit seiner Abwahl im Mai 2012 hatte sich der Gaullist politisch nicht mehr geäussert.

«Alternative zum Sozialismus»

Gestern wandte sich Sarkozy via Facebook erstmals selbst wieder an seine Anhänger. Die verweigerte Erstattung der Wahlkampfkosten gefährde «eine Formation, die eine notwendige Alternative zum Sozialismus» vorbereite. «Ich muss mich für die freie Meinungsäusserung in unserem Land engagieren», begründete er seinen Wiedereinstieg, um sogleich zur Geldsammlung der UMP aufzurufen: «Ich bitte Sie, mir zu helfen, indem Sie sich mobilisieren, wie ich es auch tun werde.» Sarkozy sprach von einer «nie dagewesenen Situation in der Fünften Republik». Das ist insofern falsch, als der Verfassungs-Hof in der Vergangenheit schon die Wahlkampf-Abrechnungen zweier anderer Kandidaten – Bruno Mégret und Jacques Cheminade – abgelehnt hatte. Sarkozys rechte Hand Brice Hortefeux sagte dennoch, man versuche, den Ex-Präsidenten zu «knebeln».

«Opfer-Theater»

Die grüne Abgeordnete Barbara Pompili sagte hingegen, Sarkozy solle sein «Opfer-Theater» stoppen. Abgesehen von der Überschreitung der Wahlausgaben steht nämlich auch der Verdacht im Raum, Sarkozy habe sich seine erste Präsidentschaftskampagne 2007 durch den libyschen Ex-Diktator Muammar al-Gadhafi mitfinanzieren lassen. Ermittelt wird gegen Sarkozy auch wegen der Erstellung privater Meinungsumfragen auf Staatskosten.