In Wien versuchen die Gross- und Regionalmächte den Krieg in Syrien einzudämmen. Eine erster Erfolg ist, dass der Dialog im kommenden Monat fortgesetzt werden soll. Gleichzeitig eskaliert aber der Krieg in Syrien weiter.
Zu Beginn Statement, dass den Syrien-Gesprächen eine Perspektive geben soll: Säkular und geeint soll das neue Syrien einmal sein, geführt von einer aus freien und fairen Wahlen hervorgegangenen Regierung mit einer neuen Verfassung zum Schutze aller Minderheiten.
So will es das gemeinsam Positionspapier, auf das sich der amerikanische Aussenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow zu Wochenbeginn verständigt hatten. Dass dies Zukunftsmusik, und der Weg dorthin lang und steinig sein wird, wissen die beiden Aussenminister.
Zu dem Treffen in Wien waren gestern die Aussenminister der USA, Russlands, Grossbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Saudi-Arabiens, Irans, Iraks, der Türkei, Qatars, Ägyptens, Libanons, Jordaniens, Italiens und Omans angereist. Aus China kam der Vize-Aussenminister, aus der EU die Aussenbeauftragte Federica Mogherini. Repräsentanten der syrischen Konfliktparteien waren nicht vertreten
Als Schritt zu einem nahen Frieden in Syrien darf das Zusammentreffen in Wien wohl nicht interpretiert werden. Zunächst müssten in einem erst «embryonalen» Verhandlungsprozess «Gemeinsamkeiten» gesucht und gefunden werden, sagte gestern ein westlicher Diplomat gegenüber der BBC. Auch Mogherini sagte: «Das Faktum, dass wir uns in diesem Format treffen, ist ein signifikanter Fortschritt.»
Der Amerikaner John Kerry blieb sehr vorsichtig zuversichtlich, was die Chancen für eine Lösung des Konflikts in Syrien betrifft. «Ich würde es nicht Optimismus nennen.» Der französische Aussenminister Laurent Fabius wies auf eine Priorität hin, welche der Dialog beachten müsse: «Die Zivilbevölkerung muss geschützt und der Zugang für humanitäre Hilfe ermöglicht werden. Staffan de Mistura, der UNO-Sondergesandte für Syrien, wertete die Konferenz als Zeichen dafür, dass viele Staaten nunmehr die Unmöglichkeit einer militärischen Lösung im Syrien-Konflikt erkannt haben.
Saudi-Arabien aber pochte – wenn auch in der Rhetorik gemässigter als bisher – weiter auf den Sturz von Syriens Diktator Bashar al Assad. «Er wird entweder gehen müssen, als Ergebnis eines politischen Prozesses, oder mit Gewalt aus dem Amt entfernt», sagte der saudische Aussenminister Adel al-Jubeir.
Sein iranischer Amtskollege Mohammed Javad Zarif sieht dagegen das syrische Assad-Regime gestärkt, ist aber bereit, über die «Person Assad» zu reden.
Nicht verhandelbar ist für Russland aber sein Zugang zu den Militärstützpunkten in Syrien, und Teheran hält an Syrien «als Brücke» zur schiitischen Hisbollah in Libanon fest. Für Saudi-Arabien hat bis dato aber die Zerstörung dieser Brücke in Syrien höchste Priorität.
Es wird eine hohe Hürde für weitere Gespräche sein, dass sich Saudi-Arabien und Iran in einem geopolitischen Machtkampf um die Vorherrschaft im Mittleren Osten gegenüber stehen, der durch die religiöse Rivalität zwischen Sunniten und Schiiten ständig angeheizt wird.
Auch von den syrischen Aufständischen, die vorerst nicht am Tisch sitzen, ist kaum zu erwarten, dass sie angesichts der Bombenkampagne auf das Damaszener-Regime zugehen werden.
Vieles deutet vorerst auf eine Intensivierung der Kampfhandlungen in Syrien hin. Die USA wollen im Kampf gegen den «Islamischen Staat» (IS) in den kommenden Tagen eine kleine Zahl bewaffneter Spezialeinheiten in den Norden Syriens verlegen. Dabei solle es sich zwar um weniger als 50 Soldaten handeln. Doch diese Spezialeinheiten sollten vor Ort Angriffe syrischer und kurdischer Kämpfer gegen die Terrormiliz koordinieren. Damit erhöht sich auch die Gefahr einer ungewollten russisch-amerikanische Konfrontation im Kriegsgebiet.
Die arabischen Golfstaaten und die Türkei wieder wollen mit umfangreichen Waffenlieferungen an die Rebellen die von Russland und Iran unterstützten Offensiven der Assad-Armee zurückschlagen. In Riad und Doha ist man sich sicher, dass ihre Verbündeten am Ende den längeren Atem haben werden, als die mit schwindendem Bestand kämpfende syrische Armee.
Nutzniesser dieser regionalen Machtkämpfe werden vorerst weiterhin die Terrormilizen des IS sein.