GIFTMORD: Streit zwischen Nordkorea und Malaysia eskaliert

Pjöngjang hält malaysische Diplomaten und ihre Angehörigen fest. Kuala Lumpur reagiert mit Vergeltung.

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Malaysia war zuletzt eines der wenigen Länder, die überhaupt noch diplomatische Beziehungen zu Nordkorea pflegten. Mehr noch: Der malaysische Premier zeigte zuweilen gar Verständnis für den Diktator in Pjöngjang. Doch das dürfte nun vorbei sein.

Gestern Morgen hat Nordkorea einen Ausreisestopp für sämtliche malaysischen Staatsbürger verhängt, die sich momentan noch in Nordkorea aufhalten. Viele sind es nicht mehr. Neben drei Diplomaten und sechs Familienangehörigen halten sich derzeit noch zwei malaysische Staatsbürger in dem totalitär geführten Arbeiterstaat auf, die für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen arbeiten. In Malaysia befinden sich den dortigen Behörden zufolge über 1000 Nordkoreaner, die meisten von ihnen als Gastarbeiter.

Malaysias Ministerpräsident Najib Razak sprach von einer «verabscheuenswürdigen Massnahme in völliger Missachtung des Völkerrechts» und warf dem Regime in Pjöngjang Geiselnahme vor. Seine Vergeltung liess nicht lange auf sich warten. Er verfügte wiederum, dass Nordkoreaner Malaysia nicht mehr verlassen dürfen, bis es «eine Garantie für die Sicherheit aller Malaysier» gebe. Am Montag hatte die malaysische Regierung den nordkoreanischen Botschafter des Landes verwiesen. Kurze Zeit später musste auch der malaysische Botschafter in Pjöngjang abziehen.

Seit dem Giftanschlag auf den Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Mitte Februar auf dem Flughafen der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur ist das Verhältnis zwischen den Staaten tief erschüttert. Zwei Frauen aus Vietnam und Indonesien hatten sich am 13. Februar Kim Jong Nam, dem Halbbruder des nordkoreanischen Diktators, genähert und ihm ein lebensgefährliches Nervengift ins Gesicht geschmiert. Er starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Bislang haben die malaysischen Behörden die nordkoreanische Führung nicht offiziell für den Giftanschlag verantwortlich gemacht. Sie leugnen aber nicht, dass die Spuren nach Nordkorea führen. Pjöngjang bestreitet jegliche Beteiligung, fordert aber die Übergabe der Leiche.

Pjöngjang wirft Malaysia «Konspiration» vor

Zudem wirft das Regime Malaysia «Konspiration» vor. Die zwei Frauen sind verhaftet. Ihnen droht die Todesstrafe. Die malaysischen Behörden fahnden nach sieben Nordkoreanern, einer von ihnen ist ein ranghoher Diplomat und soll sich auf dem Gelände der Botschaft in Kuala Lumpur aufhalten. Der vom malaysischen Premier verhängte Ausreisestopp für die Nordkoreaner verstösst allerdings gegen das eigene Recht. Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbietet es, Menschen eines anderen Landes gegen ihren Willen festzuhalten. Sofern gegen sie kein Haftbefehl vorliegt, haben sie das Recht, in ihr Land zurückzukehren. Malaysia hat diese UNO-Erklärung unterzeichnet, Nordkorea nicht.

Felix Lee, Peking