Israel will jeder Möglichkeit zur Wiederbewaffnung der Hamas einen Riegel schieben. Länger andauernde internationaler Überwachung der Grenzen des Gaza-Streifens?
Hatten die ersten Begründungen des Gaza-Kriegs durch Regierungspolitiker in Jerusalem den Eindruck erweckt, Israel wolle die islamistische Hamas ein für allemal jeglicher politischen und militärischen Macht und jeglichen Einflusses berauben, so haben die Politiker in den vergangenen Tagen die Kriegsziele heruntergeschraubt:
• Damit die Hunderttausenden Bewohner im Süden Israels nicht mehr ständig in Angst und Schrecken vor dem Beschuss durch Raketen der Hamas leben müssten wie in den vergangenen Jahren, so sagten Ministerpräsident Olmert, Aussenministerin Livni und Verteidigungsminister Barak, müsse die Hamas alle Raketenangriffe stoppen.
• Um eine dauerhafte Einstellung der Attacken zu erreichen, müsse jede Wiederbewaffnung der Hamas verhindert werden.
• Dazu wiederum müsse der Waffenschmuggel aus Ägypten durch Tunnels oder auf irgendwelchen Schleichwegen durch den Sinai oder übers Meer unterbunden werden.
Der frühere israelische UNO-Botschafter Dan Gillerman sagte: «Wenn diese Ziele erreicht sind und deren Einhaltung international garantiert sind, verlassen wir Gaza. Es wäre eine neue Situation.» Regierungssprecher Mark Regev sagte Anfang Woche, unabdingbare Voraussetzung für jede neue Waffenruhe-Vereinbarung sei, dass sich die Hamas nicht wieder bewaffnen könne. «Das ist der Knackpunkt.»
Regev begründet diese Forderung damit, dass die Hamas die Waffenruhe von Mitte Juni bis Mitte Dezember letzten Jahres dazu benutzt habe, sich Raketen mit einer doppelt so grossen Reichweite als zuvor, nämlich 40 Kilometer, zu beschaffen. Die neuern Raketen erwiesen sich auch immer zielgenauer als die früheren, oft selbstgebauten Modelle. – Ein Mittel zur wirksamen Unterbindung des Waffenschmuggels wäre der Einsatz von internationalen Beobachtern oder gar einer UNO-Friedenstruppe ähnlich jener im Süden Libanons. Aussenministerin Livni hat sich bereits für die Stationierung von Beobachtern ausgesprochen und zugleich betont, diese müssten umfassende Vollmachten haben, vor allem Schmuggel-Tunnels zerstören dürfen.
Das heisst, sie müssten bewaffnet sein. Sie wären dann aber nicht mehr nur Beobachter, sondern UNO-Friedenssoldaten. Eine Grenzüberwachung durch EU-Beobachter hatte es in den letzten zwei Jahren bereits in Rafah im Süden des Gaza-Streifens an der Grenze zu Ägypten gegeben. Sie war jedoch erfolglos – weil diese Beobachter unbewaffnet waren und die ganze Grenzüberwachung letztlich durch israelische Kameras «supervisiert» wurde, was die Stellung der EU-Mitarbeiter schwächte.
Unbeantwortet blieb bisher die Frage, aus welchen Ländern die Beobachter oder gar Friedenssoldaten kommen sollen. Offen ist ferner – in Erinnerung an die Rafah-Mission –, ob Israels Regierung bereit wäre, einen grossen Teil ihrer Kontrollen an den Grenzen abzutreten – und damit auch nicht mehr frei entscheiden zu können, ob und wie sie eingreifen möchte.
Der ägyptisch-französische Plan für eine befristete Feuerpause könnte der erste Schritt zur Erfüllung der israelischen Forderungen sein. Der Vizechef des Hamas-Politbüros in Damaskus, Mussa Abu Marsuk, lehnte jedoch eine dauerhafte Waffenruhe ab, solange Israel palästinensische Gebiete besetze.
Zwei weitere Gründe sprechen gegen ein Einlenken der Hamas: Sie soll erstens offensichtlich nur indirekt in künftige Waffenruhe-Verhandlungen in Kairo einbezogen werden. In Libanon musste das Einverständnis der Hisbollah für eine Waffenruhe nach dem Krieg von 2006 nicht eingeholt werden, weil sie eine innerlibanesische Oppositionsgruppe war; die Hamas dagegen ist die Regierung in Gaza. Ihr Einverständnis einholen, bedeutete aber ihre Anerkennung als solche – und dagegen wehrt sich Israel vehement.
Zweitens führte die Erfüllung der Forderungen Israels dazu, dass die Hamas in Gaza quasi eine Regierung ohne militärische Instrumente sein soll. Das ist wiederum für sie unannehmbar.