Herr Fürer, Sie kennen Papst Benedikt XVI. schon lange. Was denken Sie über seinen Rücktritt? Ivo Fürer: Es ist ein mutiger Schritt. Möglicherweise hat seine Erfahrung als Präfekt der Glaubenskongregation, als er die Krankheit seines Vorgängers Johannes Paul II.
Ivo Fürer: Es ist ein mutiger Schritt. Möglicherweise hat seine Erfahrung als Präfekt der Glaubenskongregation, als er die Krankheit seines Vorgängers Johannes Paul II. stark miterlebt hat, eine Rolle gespielt. Er wollte nicht als kranker Papst die Weltkirche leiten.
Fürer: Ja. Denn die theologisch konservative Linie, die Benedikt XVI. als Papst durchgezogen hat, ist eher problematisch für die Zukunft der Kirche.
Fürer: Er hat den Zentralismus in der katholischen Kirche betont. Zu viele Entscheidungen sollten in Rom fallen, anstelle die Kontinente und Bistümer zu stärken. Entscheidungen bis zur Weihe verheirateter Männer könnten sie lösen.
Fürer: Nein. Aber die Aufklärung und die Moderne waren für ihn nicht ein Fortschritt, sondern ein Niedergang. Er sah darin eine Dekadenz und ein Verschwinden der Selbstverständlichkeit des Glaubens. Er verabscheut den Relativismus gerade auch in der Theologie.
Fürer: Benedikt XVI. ist ein sehr intelligenter Mensch. Er denkt aber abstrakt, wirkt distanziert und geht von einer überzeitlichen Wahrheit aus, die er absolut setzt.
Fürer: Er hat einen nostalgischen Zug. Ich hätte es geschätzt, wenn er diese Weite auch mit progressiven Gruppierungen etwa mit modernen Theologen und Seelsorgern gesucht hätte.
Fürer: Er hatte Angst, dass die Entwicklung der Kirche ins Bodenlose geht und sie schliesslich nur noch auf einer säkularen Basis stehen würde.
Interview: Daniel Klingenberg