Die Wirtschaftskrise beein-trächtigt die konservative Regierungspartei Kanadas. Für Premierminister Stephen Harper schwinden die Chancen, in den Wahlen am Dienstag eine Mehrheit im Parlament zu gewinnen.
vancouver. Derzeit führen die Konservativen in Umfragen mit 31 bis 35 Prozent – zu wenig für eine Mehrheitsregierung. Die oppositionellen Liberalen folgen mit 25 bis 27 Prozent. Experten erwarten, dass die Konservativen wieder wie bisher mit einer Minderheit regieren werden.
Der 49jährige Premierminister Stephen Harper war im Februar 2006 Regierungschef geworden, aber nur mit 124 Mandaten in dem 308 Sitze zählenden Parlament in Ottawa. Er musste mit den anderen drei Parteien – den Liberalen, der linken NDP und dem Bloc Québécois – oft schwierige Kompromisse schliessen. Deshalb setzte er vorgezogene Wahlen an.
Umfragen zeigten zunächst einen deutlichen Vorsprung für die Konservativen vor den Liberalen, die von 1993 bis Ende 2005 regiert hatten und nach einem Korruptionsskandal abgewählt wurden. Im Wahlkampf nützte den Konservativen vor allem die Tatsache, dass der liberale Oppositionsführer Stéphane Dion bei vielen Wählern mit seinem holprigen Englisch und dem intellektuellen Kommunikationsstil nicht gut ankommt. Harper, ein studierter Ökonom aus der Erdölprovinz Alberta, wirkt als Führungspersönlichkeit stärker als Dion.
Aber Harper verscherzte sich Sympathien, als er einige Zuschüsse für Kulturschaffende strich. Die bekannte Autorin Margaret Atwood mobilisierte darauf die Öffentlichkeit gegen ihn.
Auch Stephen Harpers Ankündigung, er wolle einen härteren Kurs gegen kriminelle Teenager fahren, stiess auf Widerstand. Was aber die Chancen der Konservativen auf eine Parlamentsmehrheit am meisten beeinträchtigt, ist die Angst der Kanadier vor einer Rezession. Der Regierungschef sprach nach Auffassung von Beobachtern zu lange von der gesunden Wirtschaftslage im Land und nahm zu spät Anteil an den Sorgen der Kanadier.
Die Regierungszeit der Konservativen war bisher nicht von grossen Reformen oder einem visionären Regierungsprogramm geprägt. Aber im allgemeinen waren die Kanadier zufrieden damit, vor allem weil Stephen Harpers Regierung rundherum viel Geld verteilte und Steuern senkte. Im kommenden Jahr droht allerdings nach elf Jahren mit Haushaltüberschüssen ein Defizit.