Postangestellte sind auch im Sozialstaat Österreich längst keine geschützte Spezies mehr. Jetzt sollen wieder etwa 300 unrentable Postämter geschlossen werden, womit eine neue Entlassungswelle bevorsteht.
Postangestellte sind auch im Sozialstaat Österreich längst keine geschützte Spezies mehr. Jetzt sollen wieder etwa 300 unrentable Postämter geschlossen werden, womit eine neue Entlassungswelle bevorsteht. Blöd, dass die Postmanager keine Rücksicht auf die wichtigen Regionalwahlen im Herbst nehmen. Die rot-schwarze Regierung steht unter Druck.
Der sozialdemokratische Kanzler Werner Faymann präsentierte dieser Tage eine bestechende Idee: Die entlassenen Schalterbeamten, Briefträger und Packlschupfer (Paketsortierer) könnten ja als Polizei-Schreibkräfte unterkommen. Die Polizeigewerkschaft jammert seit Jahren, Österreichs Polizisten könnten ihren eigentlichen Job, die Verbrecherjagd, nicht optimal erledigen, weil sie der Schreibkram in den Amtsstuben festhalte.
Faktum ist, dass in Wien nur jeder vierte Kriminalfall gelöst wird, in Berlin beispielsweise jeder zweite.
Die Misere geht auf die rechtskonservative Schüssel-Haider-Regierung zurück, deren Law-and-Order-Gesinnung sie vor Jahren nicht daran hinderte, aus Spargründen 1500 Polizisten zu entlassen. Wien, das sich gern als sicherste Hauptstadt der Welt feiern lässt, wird in diesen Wochen von Einbrecherbanden aus Osteuropa heimgesucht.
Die Boulevardpresse kritisiert hämisch, die Wiener getrauten sich heuer gar nicht in die Ferien zu fahren, weil sie fürchteten, nach der Rückkehr ihr Haus, ihre Wohnung oder die Villa ausgeraubt vorzufinden. Sogar die Grünen rufen: «Mehr Polizisten auf die Strasse!»
Das Magazin «profil» nennt das vom Kanzler propagierte amtliche Zwitterwesen aus Pöstler und Polizist ironisch «Postizist». Das mag anderswo eine seltsame Vorstellung sein, doch für Österreichs Politiker war die Grenze zwischen Realität von Realsatire immer schon fliessend. Rudolf Gruber, Wien