Blutiges Chaos in Tunesien – Schweizerin tot

Madrid/bern. Auch die vom Regime erlassenen nächtlichen Ausgangssperren in der Hauptstadt Tunis und in den Provinzen können die Protestwelle gegen Diktator Ben Ali in Tunesien nicht stoppen.

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Madrid/bern. Auch die vom Regime erlassenen nächtlichen Ausgangssperren in der Hauptstadt Tunis und in den Provinzen können die Protestwelle gegen Diktator Ben Ali in Tunesien nicht stoppen. In der Nacht auf gestern eskalierten in mehreren Arbeitervororten der Hauptstadt Tunis die Proteste und schlugen in blutige Strassenschlachten um. Dabei starben nach Angaben der Internationalen Menschenrechtsliga (FIDH) in Paris mindestens 66 Menschen, wenigstens 50 weitere sollen verletzt worden sein. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es nicht.

EDA bestätigt Tod und warnt

In Bern bestätigte das Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) den Tod einer 67jährigen Schweizerin tunesischer Herkunft, die im Küstenort Dar Chaabane von einer Kugel getötet wurde. Sie habe von einem Balkon aus zusammen mit anderen Frauen einen Protestzug beobachtet und sei von einer Kugel am Hals tödlich verletzt worden, hiess es. Aufgrund der aktuellen Lage rät das EDA von nicht notwendigen Reisen nach Tunesien ab.

Ben Ali will nicht mehr antreten

Die Unruhen setzen Diktator Ben Ali offenbar so weit unter Druck, dass er sich erstmals öffentlich zu Konzessionen bereit zeigt. In einer Fernsehansprache deutete er gestern abend an, dass er bei den nächsten Präsidentenwahlen nicht mehr antreten könnte. In seiner Rede verkündete Ben Ali weiter, er habe veranlasst, dass die Preise für Grundnahrungsmittel gesenkt werden. Er räumte zudem indirekt ein, dass seine Sicherheitskräfte mit unangemessener Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen sind.

In Tunesien mehren sich zudem die Anzeichen, dass Armee und Polizei gespalten sind: Aus mehreren Orten wurde berichtet, dass sich Soldaten mit Demonstranten verbrüderten und sich zwischen Polizei und das Volk stellten. Ralph Schulze