Trotz massiver Proteste aus der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft versucht in Südafrika der regierende ANC ein hartes Gesetz gegen die Pressefreiheit durchs Parlament zu peitschen.
KAPSTADT. Rex Gibson hat das untrügliche Gefühl, alles schon einmal erlebt zu haben: Als ehemaliger Redaktor der regimekritischen Johannesburger «Rand Daily Mail» war er bereits in den späten Siebzigerjahren mit dem harten Pressegesetz der Apartheid-Ära konfrontiert – und musste mehrfach vor Gericht. «Mit der Regierungsübernahme von Nelson Mandelas Afrikanischem Nationalkongress (ANC) und der Annahme einer liberalen Verfassung schien die Pressefreiheit gesichert», sagt er.
Ein kapitaler Trugschluss, wie sich nun zeigt: 17 Jahre nach seinem Amtsantritt ist der ANC die harsche Kritik an seinem Regierungsstil leid – und reaktiviert ausgerechnet die Pressegesetze seiner früheren Unterdrücker. Obwohl einige Passagen am Ende noch leicht abgemildert und ergänzt wurden, verabschiedete der ANC zur Wochenmitte eine Gesetzesvorlage, deren entscheidende Passagen dem Apartheid-Pressegesetz von 1977 zum Verwechseln ähneln. Im ganzen Land waren Südafrikaner deshalb am Tag der Annahme des Gesetzes durch das Parlament überwiegend schwarz gekleidet – in Anlehnung an den «schwarzen Mittwoch» des Jahres 1977, als das Apartheidregime eine grosse Zeitung verboten und ihre leitenden Redaktoren eingesperrt hatte.
Mit dem Gesetz zum «Schutz der Information», wie der Erlass zynisch heisst, will der regierende ANC Informationen und Daten nach eigenem Gutdünken als geheim einstufen. Die Klassifizierung liegt dabei im Ermessen von Behördenchefs, die damit auch eigene, korrupte Praktiken kaschieren könnten. Wer als «streng geheim» eingestufte Staatsdokumente publik macht, selbst wenn es dabei um eine Straftat geht, muss mit Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren rechnen. Für die unerlaubte Verbreitung «vertraulicher» Informationen drohen bis zu fünf Jahre Haft. Diese absurd hohen Strafen gelten auch für Journalisten, die solche Dokumente zugespielt bekommen und dies nicht sofort den Behörden melden. Eine Klausel, Zuwiderhandlungen straffrei zu lassen, wenn ein öffentliches Interesse an dem als geheim klassifizierten Dokument besteht, wurde vom ANC ausdrücklich abgelehnt.
Gerade wegen der enormen Machtfülle des ANC haben die Medien in Südafrika aber eine wichtige Kontrollfunktion. So hat der ANC im nationalen Parlament 264 der 400 Sitze und damit eine Zweidrittelmehrheit. Daneben regiert die Partei auch in acht der neun Provinzen des Landes und in praktisch allen grösseren Metropolen mit Ausnahme von Kapstadt.
Wie ernst es der Regierung mit dem Gesetz ist, machte im letzten Jahr auch die Verhaftung des Journalisten Mzilikazi wa Afrika von der «Sunday Times» deutlich. Der Reporter wurde in den Redaktionsräumen seiner Zeitung in Johannesburg festgenommen – offenbar mit dem Ziel, die Medien kräftig einzuschüchtern. «Zuletzt sah man solche Bilder in den dunkelsten Tagen der Apartheid vor 25 Jahren», schrieb damals die «Sunday Times».
Weder Präsident Zuma noch sein Kabinett scheinen zu verstehen, welchen Imageschaden sie ihrem Land zufügen. «Sollte das Pressegesetz auch von der zweiten Parlamentskammer verabschiedet werden, hat Südafrika eine gefährliche Schwelle auf dem Weg zu einer korrupten Autokratie überschritten», warnte die «Financial Times» in einem Leitartikel mit dem Titel «Südafrikas Weg nach Simbabwe». Dort hat Diktator Robert Mugabe den Rechtsstaat in zehn Jahren komplett ausgehebelt – und das einstige afrikanische Entwicklungsmodell wirtschaftlich wie politisch ruiniert.