AKP verteidigt sich vor Verfassungsgericht

Vizepremier Cemil Cicek und der AKP-Vizefraktionschef Bekir Bozdag haben gestern die türkische Regierungspartei im Verbotsverfahren des Verfassungsgerichts in Ankara verteidigt.

Jan Keetman/Istanbul
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Oberstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya beantragt das Verbot der Regierungspartei, weil sie zu einem Zentrum für Aktivitäten gegen die laizistische Ordnung der Türkei geworden sei.

Um den Staatsanwalt zu widerlegen, brachten die beiden hohen Vertreter der Regierung viel Papier mit. Über 200 Seiten umfasst die Schrift, deren Verlesung bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen war. Die mündliche Verteidigung stützt sich vor allem auf drei Punkte. Die Anklageschrift gebe Pressemeldungen wieder, die längst dementiert wurden. Sie enthalte falsche Informationen und unbegründete Behauptungen. In ihrer Verteidigung setzt sich die AKP auch mit den Definitionen von Laizismus und Religion durch die Anklage auseinander. In der Anklageschrift wird Religion als eine ausschliessliche Angelegenheit des individuellen Gewissens, nicht der Gesellschaft gesehen. Dem hält die AKP entgegen, dass es dann ja auch keine religiösen Feiertage geben dürfe.

Neben dem Verbot der AKP fordert der Staatsanwalt auch parteipolitische Betätigungsverbote für den Präsidenten Abdullah Gül, den Premier Tayyip Erdogan und 69 weitere Personen. Wird Erdogan auch das Abgeordnetenmandat entzogen, muss er auch das Amt des Premiers aufgeben. Das Gericht hat aber auch die Möglichkeit, die Regierungspartei nur zu verwarnen und ihr die Staatszuschüsse zu kürzen oder zu streichen.

Das Verfassungsgericht wird nun alle Dokumente zum Fall dem juristischen Gutachter Osman Can übergeben. Dessen Gutachten wird dann den elf Verfassungsrichtern verteilt, die über das Urteil beraten. Einem Verbot der AKP müssten mindestens sieben Richter zustimmen.