Landrat
Umfahrung Reinach Süd ist vorerst vom Tisch

Der Landrat diskutierte über den kantonalen Richtplan – und fand einen überraschenden Kompromiss.

Kelly Spielmann
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Hier, bei der Sportzone Fiechten im Südwesten Reinachs, hätte die Umfahrung durchführen sollen.

Hier, bei der Sportzone Fiechten im Südwesten Reinachs, hätte die Umfahrung durchführen sollen.

Edmondo Savoldelli

Das Traktandum zur Anpassung des kantonalen Richtplans (KRIP) führte an der gestrigen Landratssitzung zu reichlich Diskussionen. Grund war die umstrittene Umfahrung Reinach Süd, die im Agglomerationsprogramm als C-Projekt, also zur Vororientierung, Eingang finden sollte. In einem Kompromiss einigten sich die Landräte schliesslich darauf, die Umfahrung sowie die Tramverlängerung Dornach-Therwil aus dem Richtplan zu streichen und stattdessen eine überparteiliche Motion einzureichen. Diese verlangt, die offenen Fragen zu diesen beiden Projekten zu klären – unabhängig vom kantonalen Richtplan. Die Motion wurde von Mitgliedern aller Fraktionen unterschrieben.

Die Streichung wurde mit 82 Ja- zu drei Nein-Stimmen bei zwei Enthaltungen gutgeheissen. Jedoch nicht, ohne dass sich zuvor fast ein Dutzend Landräte mit Wortmeldungen in die Diskussion um die Südumfahrung eingebracht hätten.

Das kann nicht die Art und Weise sein, wie wir hier arbeiten.

(Quelle: Saskia Schenker, FDP-Landrätin)

Kein Verständnis für Referendums-Drohung

So beispielsweise Jan Kirchmayr (SP): Er drohte, die Fraktion würde gegen den angepassten Richtplan stimmen, sollte die Umfahrung nicht entfernt werden. Lotti Stokar (Grüne) stellte sich auf Kirchmayrs Seite: Auch die Grünen würden die gesamte Revision ablehnen, wenn die Umfahrung im Richtplan bleibt. Pascal Ryf (CVP), Präsident der IG Südumfahrung Nein, drohte gar mit einem Referendum.

Kein Verständnis dafür hatte Hanspeter Weibel (SVP): Mit den Anträgen könne er nichts anfangen. Saskia Schenker (FDP) hatte besonders mit Ryfs Aussagen Mühe: Es sei schwierig, so früh in der Entwicklung einer Idee bereits mit einem Referendum zu drohen. «Das kann nicht die Art und Weise sein, wie wir hier arbeiten», meinte sie. Unterstützt hat die FDP den Antrag trotzdem. Um die anderen Projekte im Richtplan voranzutreiben, könne man momentan noch auf die Umfahrung verzichten, meinte Thomas Eugster. Wichtig sei es aber, die Notwendigkeit der Südumfahrung sowie die der Tramlinie mit Hilfe der Motion zu untersuchen. Auch der Bau- und Umweltschutzdirektor Isaac Reber meldete sich zu Wort. Er wies auf die Bedeutung der unterschiedlichen Horizonte bei A-, B-, und C-Projekten hin. Vordringlich sei es nun, die A-Projekte abzusegnen, die anderen seien zurzeit zweitrangig. Deshalb sei er mit dem Vorschlag, die beiden umstrittenen Anliegen aus dem Plan zu streichen, um die anderen vorantreiben zu können, einverstanden.

SP und Grüne zufrieden mit dem Kompromiss

Mit dem schliesslich abgesegneten Kompromiss und der überparteilichen Motion sind Grüne und SP zufrieden. «Uns war es wichtig, die Südumfahrung aus dem Richtplan zu streichen», sagte Karl-Heinz Zeller (Grüne) im Anschluss. «Das ist ein tolles Ergebnis», sagte auch Lotti Stokar. Die Baselbieter SP verschickte nur wenige Minuten nach dem Entscheid eine Medienmitteilung: «Die SP ist darüber erfreut, dass die Südumfahrung Reinach heute dank dem konstruktiven Wirken der SP aus dem KRIP gestrichen wurde», schreibt die Partei.

Der durch die Streichung der beiden Projekte angepasste Richtplan wurde vom Landrat schliesslich mit 85 Ja- zu einer Nein-Stimme angenommen.

Kompromiss ist das falsche Signal

Die gleichzeitige Streichung der Reinacher Südumfahrung und der Tramverlängerung nach Therwil aus dem Richtplan wurde gestern im Baselbieter Landrat als gelungener Kompromiss gefeiert. Das mag ja sein, und Kanton und betroffene Gemeinden können sich erst noch alle Möglichkeiten offen halten. Trotzdem sendet dieses Einknicken vor den Umfahrungsgegnern das falsche Signal aus. Falsch, weil der Richtplan ein professionelles, möglichst abgehobenes Planungsinstrument von Politik und Behörden bleiben sollte, bei dem die Bevölkerung – besonders bei den langfristigen Einträgen – möglichst wenig mitreden sollte. Ein Planungsinstrument eben, in dem Absichten, übergeordnete Ziele und Visionen festgehalten werden können, ohne sich gleich aus Furcht vor lokalen Befindlichkeiten irgendwelche Denkverbote für die Zukunft auferlegen zu müssen.

Privatpersonen und Parteien bleiben noch mehr als genug Einsprachemöglichkeiten, sobald die Bauprojekte konkret werden. Wer aber kann heute schon seriös den Zukunftsverkehr von in 20, 30 Jahren antizipieren?

Bojan Stula
bojan.stula@chmedia.ch