Initiative
Basler Regierung will kein Gratis U-Abo für Junge – entzieht sie sich ihrer Verantwortung?

Die Initiative für einen gratis ÖV wird vom Basler Regierungsrat zur Ablehnung empfohlen. Das stösst bei Parteikollegen auf Unverständnis.

Jonas Hoskyn
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Tram und Bus fahren soll bis 25 Jahre gratis sein – das fordert in Basel eine Initiative.

Tram und Bus fahren soll bis 25 Jahre gratis sein – das fordert in Basel eine Initiative.

Roland Schmid

Fast ein Jahr hat sich der Basler Regierungsrat Zeit genommen, seine ablehnende Haltung gegenüber der Initiative «Gratis ÖV für Kinder und Jugendliche» zu überdenken. Und ist zum Schluss gekommen, dass er bei seinem Nein bleibt. Die Forderung, dass Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren ein gratis U-Abo erhalten sollen, sei der falsche Ansatz.

Zwar teile die Basler Regierung das Anliegen, dass der öffentliche Verkehr für attraktiv und für alle bezahlbar sein soll. Gratisangebote oder Vergünstigungen nach dem Giesskannenprinzip aber würden unerwünschte Anreize schaffen, da sie der Kostengerechtigkeit und dem Klimaschutz entgegenwirken. «Es sollte Kindern und Jugendlichen so früh wie möglich vermittelt werden, dass Mobilität Ressourcen brauch und deshalb nicht kostenlos ist», schreibt die Regierung in ihrem Bericht.

Auch aus verkehrs- und gesundheitspolitischen Überlegungen habe man kein Interesse daran, dass Kinder und Jugendliche mit dem ÖV fahren, statt zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs zu sein. Umgekehrt sei eine Verlagerung von Autofahren auf den ÖV kaum zu erwarten. Nicht zuletzt befürchtet die Regierung einen Schockeffekt bei den jungen Erwachsenen. Wenn diese dann ab 20 Jahren plötzlich zahlen müssten, gleichzeitig aber bereits im Besitz eines Führerscheins sind und eigenes Geld verdienen, könnten sich viele vom ÖV abwenden.

«Wir können die Argumentation nicht nachvollziehen»

Die konsequente Ablehnung der Initiative erstaunt insofern, als dass sie aus dem gleichen Lager kommt, wie die Mehrheit im Regierungsrat. Das Präsidium teilen sich SP-Nationalrätin Sarah Wyss und GLP-Politiker Emmanuel Ullmann. Deren Parteien stellen vier der sieben Mitglieder in der Regierung, hätten also eine Mehrheit.

Auf entsprechend wenig Verständnis stösst die Ablehnung der Initiative beim Komitee. «Wir können die Argumentation des Regierungsrates nicht nachvollziehen», sagt Wyss. «Die Förderung der umweltfreundlichen Mobilität im jugendlichen Alter trägt einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise bei.» Mit der Initiative würden Jugendliche daran gewöhnt und die Nutzung des ÖV würde im Erwachsenenalter zur Normalität gehören.

Grosser Rat könnte noch einen Gegenvorschlag ausarbeiten

Enttäuscht sind die Initianten auch vom Umstand, dass die Regierung ihnen nicht entgegenkommt. «Man verpasst es, zumindest einen griffigen Gegenvorschlag zu präsentieren», kritisiert Ullmann. «Damit entzieht sich der Regierungsrat seiner mobilitätspolitischen Verantwortung.»

Tatsächlich hat die Basler Regierung einen solchen Gegenvorschlag geprüft. Etwa, dass die Alterslimite auf 16 Jahren gesenkt würde. Allerdings sei auch dieser Vorschlag nicht tauglich. Die aktuell geltende Tarifstruktur sei sinnvoll und ausgewogen. Offen ist, ob das Basler Parlament diese Einschätzung teilt. Gut möglich, dass SP, Grün-Alternatives Bündnis und Grünliberale ihre Mehrheit im Grossen Rat noch nutzen, um selber einen Gegenvorschlag auszuarbeiten.

Die Zusatzkosten im Falle einer Annahme der Initiative schätzt die Regierung auf rund 15 Millionen Franken. Bereits jetzt subventionieren der Kanton Basel-Stadt und die Gemeinden Riehen und Bettingen die billigeren Junioren Jahresabos (530 statt 800 Franken) mit jährlich 2,3 Millionen.