Der Kinofilm «Finding Nemo» liess in der Aquarium-Branche die Kassen klingeln. Nun wappnen sich die Fischhändler mit zweifelhaften Methoden für den Nachfolger, wobei sie mit einem kleineren Ansturm rechnen.
Ein ganzes Palett Einsteiger-Aquarien zum Schleuderpreis (99 Franken, inklusive Licht und Pumpe) steht derzeit vor der Zoohandlung «Zum Goldfisch» im Gundeli. Doch nicht nur der Preis ist verlockend – die Aquarien kommen im kinderfreundlichen Design des neuen Disney-Films «Finding Dory» daher - mit einem grossen Bild der niedlichen, gelbflossigen Hauptdarstellerin auf der Verpackung. «Wir wollen damit tatsächlich auch Kinder ansprechen und bei ihnen die Freude am Hobby Aquarium wecken», sagt Geschäftsführer Michael Holenstein. Die «Dory»-Optik sei dabei eine reine Werbemassnahme - der Laden führe gar keine Meerwasser-Fische und das Einsteiger-Aquarium sei für Paletten-Doktorfische wie Dory viel zu klein.
Meerwasser-Fische gibt es in Basel einzig im Zierfischcenter an der Hagenbachstrasse zu kaufen. Inhaber Martin Moerker hat Paletten-Doktorfische im Angebot, sagt jedoch, dass er diese nicht an jedermann verkaufe. «Wenn jemand kommt und einen solchen Fisch verlangt, dann merke ich rasch, ob er über das nötige Wissen und die nötige Ausrüstung verfügt. Ansonsten gebe ich den Fisch nicht her.»
Anders als der Clownfisch Nemo, Hauptdarsteller im gleichnamigen Vorgängerfilm aus dem Jahr 2003, ist die Haltung eines lebendigen «Dory» wesentlich problematischer. Denn die Paletten-Doktorfische lassen sich bis jetzt kaum züchten, müssen also aus Wildbeständen in Korallenriffen gefangen werden, wie mehrere Zoohändler bestätigen. Zudem werden die Doktorfische erstaunlich alt und gross. «Die Aquarien müssen für einen Paletten-Doktorfisch mindestens 500 Liter fassen und die Besitzer müssen wissen, dass diese Tiere bis zu 20 Jahre alt werden können», sagt Moerker. Deshalb erwarte er keinen grossen Ansturm. Dennoch: «Wenn Kinder Freude an den Fischen haben, dann kann es schon sein, dass es die Eltern packt und sie sich dem Hobby Meerwasser-Aquarium zuwenden.»
Paletten-Doktorfische verfügen am Schwanzstiel über einen skalpellartigen Dorn, der sehr scharf ist und aufgerichtet zur Feindabwehr genutzt wird. Die Tiere leben im Pazifik und bevorzugen küstennahe Riffe bis 40 Meter Tiefe. Bekanntheit hat die bunte Art im Animationsfilm «Finding Nemo» von 2003 erlangt. Bereis damals war «Dory», die primär durch ihr schlechtes Gedächtnis auffällt, ein Publikumsliebling. Im aktuellen Kinofilm, der seit 29. September in den Schweizer Kinos läuft, ist sie die Hauptdarstellerin.
«Dory»-Fische gibts auch ennet der Grenze, und zwar zum Discounterpreis von 59 Euro. Die Jungfische in der Marktkauf-Zoohandlung «Kölle Zoo» in Weil am Rhein. stammen aus einer Zucht in Bali, sagt Kundenberater Jürgern Kleinmann. Auch er verkaufe diese Fischart nur nach eingehender Beratung. Bis jetzt sei der Ansturm ausgeblieben, jedoch stehe das Weihnachtsgeschäft noch aus. «Bei ‹Finding Nemo› war es extrem, da kamen Kunden in die Tierhandlung, die ihre Clownfische in Süsswasser-Aquarien setzen wollten.» Einen vergleichbaren Run auf Aquarienfische werde es durch «Dory» nicht geben, sagt Kleinmann, der selbst im Besitz eines ausgewachsenen Paletten-Doktorfischs ist. «Meiner ist bereits 17 Jahre als, ich weiss also, wovon ich spreche, wenn ich den Kunden sage: Die können alt werden.»
Sollten die Kinder nach dem Kinobesuch nicht locker lassen, dann bietet sich für Eltern statt eines unüberlegten Aquarium-Kaufs auch ein Abstecher in den Basler Zoo an. Dort gibt es nämlich, wie Zolli-Sprecherin Tanja Dietrich sagt, im Schaubecken 27 zwei echte Dory-Fische zum Bestaunen.