Vor dreissig Jahren hat der in Bühler lebende Lehrer und Musiker Urs Klauser gemeinsam mit Beat Wolf die Gruppe Tritonus gegründet. Seither gab es im Ensemble zahlreiche Wechsel. Konstant geblieben ist das hohe Niveau an Professionalität.
Es mag am tiefen Keller oder dann am föhnigen Abend gelegen haben, dass die Hackbrettlerin Michaela Walder länger als sonst fürs Stimmen brauchte. Doch das launige Verweilen, das Gemurmel der Stimmen und das leise Anschlagen der Saiten hinter dem Vorhang passten gut zur Stimmung des Abends, der unter dem Thema «Stadtspaziergang» stand.
Ein Nachtwächter, ganz in die Zeit der musikalisch gebotenen Trouvaillen passend, nimmt das Publikum mit durch mittelalterliche Gassen, Kneipen und in private Gemächer einer freiheitlich denkenden Stadt. Freiheitlich deshalb, weil etwa in der strengen Zwinglistadt Zürich – wo die CD-Taufe stattfand – ab 1527 und bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts weder Tanz noch der Besitz von Musikinstrumenten erlaubt gewesen waren. An diesem Abend in der St. Galler Kellerbühne jedoch ist Musizieren das Lob der Stunde.
Sieben Musikerinnen und Musiker lassen die Zuschauer in längst vergangene Zeiten eintauchen – ohne den Anspruch zu erheben, dass alle Stücke damals genauso klangen. Und doch gelingt Tritonus aufgrund eingehender Recherchen, sorgfältiger Bearbeitung von historischem Volksliedgut und des professionellen Spiels in der Kombination von historischen und heutigen Instrumenten immer wieder ein Höchstmass an Authentizität. Unzählige Auftritte im In- und Ausland, etliche Auszeichnungen und erfolgreich produzierte CDs zeugen von einer kontinuierlichen, musikalisch unverwässerten Entwicklung. Die Gruppe, die zum 30-Jahr-Jubiläum die CD «urbanus» herausgebracht hat, mit deren Inhalt sie ihre Jubiläumstour bestreitet, beschäftigt sich einmal mehr virtuos und als Bilderbuch ausgebreitet mit Volksmusik, die bis 1800 in der Schweiz gespielt, gesungen und getanzt wurde.
Vom Wirtshaus «Zur blawen Entten», einem Volkstanz, der einen in den Beinen juckt, führt der Weg weiter durch Gässchen, vorbei an Türmen und feiernden Studentengruppen. Die Sängerin und Perkussionistin Felicia Kraft singt «Schlaf mys Chind», eine feine Ballade, begleitet von sacht gestrichenen Saitenklängen (Kontrabass und Violonen: Andreas Cincera) und der fast gehauchten Bassklarinette von Andreas Ambühl. Hinaus aus der Stadt, zu den Bauern auf dem Feld und im Morgengrauen mit ihnen, die ihre Ernte auf den Markt bringen, wieder zurück: Klangfarben und Rhythmen verändern sich wie die Stimmung der Nacht, die erloschenen Feuer, die blass werdenden Sterne, wie der müde gewordene Gang der Gestalten.
Mit Cister, Schweizer Sackpfeife (Urs Klauser); Drehleier, Schalmei, Trümpi (Daniel Som); Violine und Viola d'amore (Andrea Brunner), mit Rahmentrommel, Schellen und Glöcklein wird der Esprit einer Historizität ins Zeitlose verschoben. Der Vier-Uhr-Glockenschlag verwebt sich mit dem Totenlied und endlich mit einem archaisch anmutenden Zäuerli, das wie ein seidener Morgennebel Raum und Herzen füllt.
Nächstes Konzert: Fr, 20.11., 20 Uhr, Restaurant Bären Hundwil. Am 22. 11., 21 Uhr wird «urbanus» auf Radio SRF 1 vorgestellt.