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Kanton Aargau
Wahlplakate sind eine anspruchsvolle Disziplin: Wie zeigt man Volksnähe, ohne seine Seriosität zu verlieren? Wie sieht man kompetent aus, aber nicht zu steif? Die tabulose Plakatkritik des bekannten Werbeprofis Frank Baumann.
Wer gewählt werden will, muss bekannt sein. Ergo: sich möglichst häufig zeigen. Beliebte Plattformen sind Podien und Parteiversammlungen, Wochenmärkte und Bahnhofsunterführungen. Aber weil die Zeit knapp ist, auch oder erst recht im Wahlkampf, können die Kandidierenden nicht immer und überall sich und ihre Positionen physisch vertreten. Deshalb lassen sie sich, nachdem sie sich von ihrer Partei für den Grossen Rat oder den Regierungsrat haben aufstellen lassen, auch als Plakat am Strassenrand aufstellen.
In jedem Wahljahr ragen aus dem bunt gefärbten Plakatwald einige besondere Setzlinge heraus. Und manch eine oder einer musste es schon am eigenen auf Sperrholz aufgeleimten Leib erfahren: Der Grat zwischen Auffallen und Abfallen ist schmal. Wer im Biergarten sitzt, zeigt viel Volksnähe – läuft aber auch Gefahr, als trinkfreudiger Lebemann interpretiert zu werden. Wer sich mit Boxhandschuhen gegen neue Verbote wehrt, offenbart
Kampfbereitschaft – oder doch eher kampfsportliche Unerfahrenheit im Ring?
Wir haben die auffälligsten Sujets einem vorgelegt, der weiss, wie eine Werbebotschaft gut umgesetzt wird: Frank Baumann, Werbe- und Kommunikationsprofi, Buchautor, TV-Produzent. Bewusst hat die az mit Baumann keinen Aargauer, sondern einen Zürcher gewählt: Er kennt die Personen und Leistungsausweise hinter den Köpfen kaum, kann so Gestaltung und Botschaften unvoreingenommen kommentieren.
Ganz unbekannt ist der Aargau Baumann jedoch nicht: 1978 arbeitete er als Volontär und später als Redaktor beim Badener Tagblatt. Baumann erinnert sich: «Verleger Otto Wanner suchte drei Leute: einen Redaktor, einen Fotografen und einen Zeichner. Ich bot ihm an, alles für den Preis von zweien zu machen.» Wanner stieg auf den Deal ein. Wann immer es möglich war, fuhr der junge Journalist zwischen seinen Reportagen ins Birrfeld, «um Fliegen zu lernen». Als Roger Schawinski wenig später Radio 24 gründete, zog Baumann weiter.
Die Wahlplakate kommentiert er gewohnt tabulos, aber mit jenem Schalk, der bei ihm als Direktor des Arosa Humorfestivals fest zum Urteilsvermögen gehört. «Nach der Publikation darf ich mich wohl nicht mehr in den Aargau getrauen», sagt er.