Spät und unvorhergesehen, aber am Ende doch noch ein tolles Pilzjahr – so bilanziert der Verein für Pilzkunde Fricktal das Jahr 2022. Aber es gebe auch Herausforderungen, zum Beispiel immer mehr einwandernde Arten aus dem Süden. Und die Verwechslungsgefahr mit bitteren oder womöglich gar giftigen Exemplaren sei auch nicht geringer geworden.
Sie hatten das Pilzjahr 2022 schon fast abgeschrieben – lange war es zu heiss und zu trocken. Noch im September waren Fricktaler Pilzlerinnen und Pilzler davon ausgegangen, dass sie dieses Jahr nicht viel zu erwarten haben. Doch jetzt, wenige Tage vor Silvester, sagt Jens Haverbeck, Präsident des Vereins für Pilzkunde Fricktal:
«2022 hat sich, wenn auch spät und unvorhergesehen, doch noch zu einem tollen Pilzjahr entwickelt.»
Wendepunkt war der Regen ab Oktober. «Ab dann ist es schier explodiert», sagt Benno Zimmermann, Pilzkontrolleur in Wittnau. Auch Zimmermanns Kollegin Lotti Rösti aus Herznach erklärt: «Zwei Wochen nach den grossen Regen schossen die Pilze aus dem Boden.»
Und nicht allein die Quantität an Pilzen trieb die Sammlerinnen und Sammler in die regionalen Wälder, sondern auch deren Qualität. Denn eines sprach sich schnell herum: Zu dem, was 2022 vor allem spriesst, gehört der Steinpilz, der König der Speisepilze. «In so grosser Menge gab es den schon lange nicht mehr», sagt Rösti.
Das vergleichsweise massive Auftauchen des Königsröhrlings war für Haverbeck das Highlight des Pilzjahrs 2022. Das sei ein wärmeliebender Pilz, der hierzulande noch relativ selten sei. Der Klimawandel aber trage dazu bei, dass er auch bei uns immer heimischer werde. Haverbeck meint:
«Immer mehr Pilzarten wandern aus dem Süden über die Alpen und das Phänomen wird noch zunehmen.»
Das sei zum einen schön, zum anderen aber auch Mehraufwand für die Pilzkontrolleure. Sie müssten diese Arten neu kennen lernen und sich mit ihnen vertraut machen – auch um Doppelgänger zu erkennen, die bitter oder gar giftig sind. Das sei herausfordernd, mache das Hobby aber immer wieder auch spannend, sagt Haverbeck.
Zu den bekanntesten Giftpilzen zählen der grüne und der weisse Knollenblätterpilz. Vom grünen hat Haverbeck 2022 viele gesehen – und das nicht nur im Wald, sondern auch beim Kaiseraugster Campingplatz und im Dorf selbst. Diesem, eine der drei tödlichsten Pilzarten, haben die Klimabedingungen 2022 auch gut gefallen. Dafür seien die Pfifferlinge, mit den Steinpilzen die beliebtesten, unterdurchschnittlich gewesen. Und bei den Trüffeln sei es spät geworden, bis sie herauskamen.
Die Fricktaler Pilzkontrolleurinnen und Pilzkontrolleure hatten dieses Jahr alle Hände voll zu tun: Es tummelten sich viele Sammlerinnen und Sammler im Wald und brachten volle Körbe zur Begutachtung vorbei.
Mit Steinpilzen volle Körbe – kein Wunder, dass das Pilzsammeln im Fricktal so viele Freunde findet. Auch die beiden, vom Verein für Pilzkunde Fricktal im Oktober veranstalteten Pilzerlebnistage sind laut Haverbeck sehr erfolgreich gewesen und man habe dadurch auch neue Mitglieder gewonnen. Bei den in Kaisten laufenden Bestimmungsabenden seien teils bis zu 80 verschiedene Arten vorbeigebracht worden.
2023 soll es auch einen Pilzkurs geben, kündigt Haverbeck an. Denn mehr Wissen und mehr Sicherheit im Umgang mit Pilzen könne nie schaden.