Fricktal
Ein schlechtes Zeichen für Mettauertal? Warum Wohnungen dort nicht teurer werden

Wer eine Wohnung neu mietet, zahlt mehr als der Vormieter – ausser in Mettauertal. Ist das ein schlechtes Omen? Nein, findet der Gemeindepräsident.

Thomas Wehrli
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«Wir hatten lange keine Mietwohnungen. Diese entstehen erst jetzt und werden somit zum ersten Mal vermietet» – Peter Weber, Gemeindepräsident

«Wir hatten lange keine Mietwohnungen. Diese entstehen erst jetzt und werden somit zum ersten Mal vermietet» – Peter Weber, Gemeindepräsident

Thomas Wehrli

Wer eine Wohnung mietet, erfährt meist nicht, was der Vormieter für das gleiche Objekt bezahlt hat. Vielleicht ist dies psychologisch auch besser so, denn die Wahrscheinlichkeit, dass er weniger bezahlt hat, ist doch recht hoch.

Dies zeigt eine Studie, die der Informatikdienstleister Meta-Sys im Auftrag des Bundes durchgeführt hat. In 1964 Gemeinden hat das Unternehmen die Bestandes- mit den Transaktionsmieten verglichen. Sie hat also jenen Mietzins, den ein bestehender Mieter bezahlt, jenem gegenübergestellt, den ein Neumieter zahlen muss.

Diese Differenz nennt sich «Miet-Gap» – und sie ist zum Teil happig. Spitzenreiter im Fricktal ist Zuzgen, wo der «Miet-Gap» 2016 bei 26,65 Prozent lag (Lesen Sie hier). Auch in Olsberg und Zeihen machte die Differenz mehr als 20 Prozent aus. Im Schnitt kamen die 32 Fricktaler Kommunen auf einen «Miet-Gap» von 13,34 Prozent.

Dabei zeigt sich – zumindest in der Tendenz – das auch sonst für den regionalen Immobilienmarkt typische West-Ost- respektive Autobahn-Seitental-Gefälle. Der «Miet-Gap» ist in vielen Gemeinden entlang der Autobahn höher als in Kommunen, die abseits liegen. Und: Im Schnitt lag der «Miet-Gap» im unteren Fricktal 2016 bei 14,55 Prozent, im oberen etwas tiefer, nämlich bei 12,40 Prozent.

Insgesamt ist der «Miet-Gap» im Fricktal indes recht stabil: 2005 – das ist das erste Jahr, das Meta-Sys für die Studie untersucht hat – lag er im Schnitt der 32 Gemeinden bei 13,05 Prozent.

Fazit aus Fricktaler Sicht: Als Nachmieter zahlt man oft mehr – vor allem dann, wenn der Vormieter einige Zeit in der Wohnung war. Denn die Mietpreise bei laufenden Mietverträge können nur bei einer allgemeinen Teuerung, einer spezifischen Kostensteigerung beim Immobilien-Betrieb oder bei Zinssteigerungen erhöht werden. Den Mieterwechsel nutzen deshalb nicht wenige Vermieter, um die Mietpreise an die Nachfrage und das Marktniveau anzupassen.

Mettauertal: Negativer «Miet-Gap»

Für die Neumieter im Fricktal heisst das oft: tiefer in die Tasche greifen – fast überall zumindest. Denn für die Gemeinde Mettauertal weist die Studie einen negativen «Miet-Gap» aus. Hier lagen die Transaktionsmieten 2016 um 5,77 Prozent unter den Bestandesmieten. Nur gerade 27 der 1964 untersuchten Gemeinden kamen wie Mettauertal auf einen Negativwert.

Ist das Wohnen im Mettauertal also nicht gefragt? «Aber sicher doch», kontert Gemeindepräsident Peter Weber und verweist auf die Bevölkerungsentwicklung.

Nach Jahren der Stagnation und Abwanderung geht es mit der Einwohnerzahl seit einigen Jahren wieder aufwärts. Ende 2013 lag die Zahl der Einwohner bei 1912, heute sind es 1986. Und angesichts der aktuellen Bautätigkeit ist Weber «guten Mutes», dass die 2000er-Marke noch dieses Jahr geknackt werden kann.

Der FDP-Politiker macht zwei andere Faktoren dafür verantwortlich, dass seine Gemeinde im Fricktal die «Miet-Gap»Laterne trägt. Zum einen gebe es nicht viele Wohnungen im Mettauertal, die überhaupt schon einmal einen Mieterwechsel erlebt hätten. «Wir hatten lange fast keine Mietwohnungen. Diese entstehen erst jetzt und werden somit zum ersten Mal vermietet», sagt Weber. Es gebe also kaum Referenzwerte.

Den zweiten Grund, weshalb die Mieten im Mettauertal nicht steigen, ortet Weber in der Preispolitik der Gemeinde. Die Gemeinde besitzt selber rund 1,5 Hektaren erschlossenes Bauland. Gesamthaft hat sie 14,2 Hektaren erschlossen, baureif sind sogar 17,4 Hektaren.

Den Preis beim eigenen Bauland hält die Gemeinde bei 200 bis 250 Franken stabil. Gekauft hatte die Gemeinde Land «auch aus Angst, dass es zu keinem Wachstum kommt, wenn wir die Nachfrage nicht mit günstigen Landpreisen ankurbeln».

99 Wohneinheiten geplant

Dies sei gelungen. «Natürlich könnten wir heute versuchen, einen höheren Preis zu erzielen», räumt Weber ein. In der Nachbargemeinde Gansingen jedenfalls zahlt man, je nach Lage, deutlich mehr.

Die Strategie der Gewinnmaximierung hält Weber aber nicht für nachhaltig. «Uns ist es lieber, dass sich die Gemeinde kontinuierlich weiterentwickelt.» Was er damit meint: Lieber drei Parzellen zu 250 Franken pro Quadratmeter verkaufen als eine für 350 Franken – und auf den anderen beiden sitzenbleiben.

Der günstigere Baulandpreis wirkt sich, davon ist Weber überzeugt, auf die Höhe der Mietpreise aus. Wenn ein Investor weniger für das Bauland zahlen müsse, so rechnet er vor, dann werde er auch die Wohnungen günstiger vermieten können, um auf die gleiche Rendite zu kommen.

Die Nachfrage nach Bauland scheint dem Gemeinderat in seiner Bauland-Preispolitik recht zu geben. Aktuell sind in Mettauertal 99 Wohneinheiten im Bau oder geplant.

Werden alle Projekte in den nächsten drei bis fünf Jahren realisiert, wächst das Dorf um rund 200 Einwohner. Das sei für das Dorf ein erhebliches Wachstum, sagt Weber überzeugt. «Mehr darf es nicht sein.» Denn ein Wachstum von knapp zehn Prozent müsse man auch erst verkraften.

Weber sieht in einem negativen «Miet-Gap» denn auch nicht per se etwas Negatives. «Zudem ist das nur eine Momentaufnahme.» Und wie jede Momentaufnahme gebe es den Blick nach vorne und den zurück.

Jener nach vorne zeigt Weber, dass das Wohnen in seinem Dorf gefragt ist – und angesichts des wachsenden Siedlungsdrucks in den Agglomerationsgemeinden noch an Attraktivität gewinnen dürfte. Und der Blick zurück zeigt, dass jede Statistik immer nur ein Blitzlicht auf eine Entwicklung wirft. So lag der «Miet-Gap» im Mettauertal beispielsweise 2013 bei 8,79 Prozent – im Plus.