Der Satire-Abend «Bissfest» im Trafo Baden brachte viel Fröhlichkeit und neue Erfahrungen. Und hinterlässt den kleinen Trost: Kultur ist auch mit Maske möglich.
Kann man auch mit Maske lachen und einen Abend heiter, gemeinsam und distanziert verbringen? Ja, das kann man. Der Beweis: Der Satire-Abend «Bissfest» als Auftakt zur Cartoon-Ausstellung im Trafo Baden. Das reinigende satirische Gewitter, das von der Bühne her sich über dem Publikum entlädt, lässt Masken und andere Zumutungen rasch vergessen. Und hinterlässt den kleinen Trost: Kultur ist auch mit Maske möglich. Zudem lernt man: Heute kann eine Halle ausverkauft sein, auch wenn sie längst nicht voll ist.
Es ist ziemlich verwegen, in dieser seltsamen Zeit Werke von 36 Karikaturisten aus dem deutschsprachigen Raum in Baden zu zeigen und die Cartoon-Ausstellung mit einem Satireabend zu orchestrieren.
Ein kühnes Quartett, bestehend aus Karikaturist Silvan Wegmann, Werber Diego Egloff, Musiker Nic Niedermann und «Nebelspalter»-Chefredaktor Marco Ratschiller hat es gewagt und mit der Erfindung des «Bissfest»-Festivals auf der ganzen Linie gewonnen. Es gelang den «Bissfesten Vier», die richtigen Sponsoren zu begeistern.
So war es möglich, in der Halle 37 im Trafo die Ausstellung mit den Cartoons zum Thema Digitalisierung und künstliche Intelligenz zu realisieren. Und das bei freiem Eintritt. Empfehlung: Unbedingt hingehen und geniessen. Es lässt sich auch hinter der Maske vorzüglich schmunzeln, gar lauthals lachen. Oder wie Mitorganisator Silvan Wegmann festgestellt hat:
In Krisenzeiten werden Karikaturen besonders geschätzt.
Zur Vernissage gab es keine Reden. Es gab bissfeste Satire. Präsentiert von Könnerinnen und Könnern aus der Schweizer Kleinkunstszene. Kleinkunst in der Grosshalle war kein Widerspruch, sondern Bestätigung, dass «Kleinkunst» ein seltsamer Begriff bleibt. Einzig akustisch waren leichte Abstriche zu machen, was aber kaum den Auftretenden angelastet werden kann. Andrerseits war das Publikum dadurch gezwungen, besonders genau hinzuhören.
Durchs Programm führte als Aargauer Lokalmatadorin mit nationaler Ausstrahlung Patti Basler zusammen mit dem Pianisten Philippe Kuhn. Sie tat das konsequent dem Motto des Abends folgend mit viel Biss und Zynismus. So sieht sie den Umstand, dass Frauen eher nachtblind sind als Männer evolutionsbedingt:
Zum Glück sind viele Frauen nachtblind. Sonst wäre die Menschheit wohl längst ausgestorben.
Coronabedingt hatten die Satiriker in den letzten Monaten kaum noch Auftritte. Sie gaben sich aber weder leidend noch klönend, sondern nutzten die rare Gelegenheit auf der Bühne zu stehen. Sie liefen zu Hochform auf und genossen es sichtlich und hörbar, wieder einmal ihrem eigentlich Beruf nachzugehen. Denn, so die Kabarettistin Uta Köbernick, eine Umschulung habe sich bei ihr als zwecklos erwiesen.
Liedermacher Reto Zeller bewegte mit einer tragischen, digitalen Liebesgeschichte mit einem Ende nach Wunsch des Publikums. Markus Schönholzer sang vom Leben unter der Maske und schilderte bitterböse das Ende einer Ehe, das er in der Beiz indirekt vom Nebentisch aus verfolgte. Der unverwüstliche Res Wepfer glänzte einmal mehr mit seinem Klassiker vom kleinen Partygrill.
Und die wortgewaltige Uta Köbernick irritierte mit absurden, abgründigen Prosastücken und Gedichten. Dazu begleitete sie sich mit Geige oder Gitarre. So lösten sich die Künstlerinnen und Künstler, die als Kollektiv «Liederlich» auftreten, in lockerer Folge ab, assistierten sich gegenseitig, was eine lockere Vielfalt des Gebotenen zur Folge hatte und für beste Unterhaltung sorgte.
Letzter Höhepunkt des Abends war die Prämierung der drei besten Karikaturen, die eine Fachjury unter Leitung von Carol Nater Cartier bestimmte hatte. «Bissfest»-Festival-Gewinner ist der österreichische Karikaturist Oliver Ottitsch mit einem recht makabren Werk. Aber auch das passt in diese seltsame Zeit. Mehr zum Siegercartoon und zur Ausstellung, die noch bis zum 31. Oktober in der Trafo Halle Baden zu sehen ist, folgt in der Montagausgabe dieser Zeitung.